Photographisches Berlin

Auf Schritt und Tritt begegnen mir in Berlin Photos: Sie sind Teil der Erinnerungskultur, die die Stadt zu einem bleibenden Mahnmal macht. Erstaunlich, wie viele Touristen, gerade auch junge, die den Kalten Krieg nur noch aus der Geschichte kennen, sich der ehemaligen Mauer entlang auf Entdeckungsreise machen.

Neben all den geschichtlichen Zeugnissen auf Plätze und u-Bahnstationen gibt es über den Jahreswechsel zahlreiche Ausstellungen zu entdecken:
Bspw. die Autodidaktin Helga Paris (1938*) ist in der Akademie der Künste zu sehen. Auch in Ihrem Werk schwingt Zeitgeschichte mit, viele ihrer Aufnahmen sind jenseits der Mauer im Osten entstanden.

In der Berlinischen Galerie sehe ich zum ersten Mal die ausdruckstarken Arbeiten von Fritz Eschen (1900-1964). Aufgrund seiner jüdischen Herkunft wurde sein Arbeitsspielraum ab 1934 stark eingeschränkt.

Im Museum für Fotografie schliesslich gibt es immer viel zu entdecken: Dieses Mal sind es neben mir unbekannten Werken von Helmut Newton (Ballet de Monte Carlo) die Arbeiten von Ludwig Windstosser und Barbara Probst, die mich besonders ansprechen. Der Schwerpunkt der Ausstellung des Nachkriegsphotographen Windstosser (1921-1983) liegt auf der westdeutschen Wirtschaftswunderzeit. Homo Faber würde sich in ihnen wiederfinden.
Barbara Probst (1964*) Arbeiten sind Teil der Ausstellung Body Performance. In ihnen wird das Photographieren selber zum Objekt, in dem man gleichzeitig „das Bild“ aus verschiedenen Perspektiven sehen kann.

Nicht zu vergessen: die eindrücklichen Werke, die zu verschiedenen Kategorien im Willy-Brandt-Haus im Rahmen der Sony World Photography Awards 2019 zu sehen sind.

Links:

Happy New Year

Helga Paris

Fritz Eschen

Ludwig Windstosser

Barbara Probst,  Homepage der Künstlerin

Sony World Photography Awards 2019

Graphische Sammlung der Schweizerischen Nationalbibliothek

Die Graphische Sammlung der Schweizerischen Nationalbibliothek macht sich zur Aufgabe, analoge Photographien, Daguerreotypien, Negative und Diapositive zu sammeln. Die inhaltlichen Schwerpunkte liegen auf Orts- und Landschaftsansichten, Porträts und Spezialthemen zur Schweiz seit dem 19. Jahrhundert.

Erstaunlich, was es da alles zu entdecken gäbe…
Ein Teil der Sammlung ist online zu sichten.

Link zur Sammlung

Ein Beispiel Niklaus Strauss

vgl. ausserdem Spectrum – Photography in Switzerland

Mehr als Schatten einfangen: E. Curtis

Unglaublich, was für ein Aufwand das war, vor weit über 100 Jahren eine Photographie zu machen, zu entwickeln und Abzüge zu erstellen! Unglaublich auch, welche Abbildungsqualität schon damals möglich war.
Deutlich wird das derzeit im Nonam in Zürich: Nordamerika Native Museum (bis 1.3.2020). Irgendwie kommen einem die Bilder bekannt vor, auch wenn man sie so noch nie gesehen hat: Der Photograph Edward Curtis (1868 – 1952) hatte eine Vision, die ihn viele Jahre verfolge, den „North American Indian“ in Bild und Text festzuhalten. Von den Indianern wurde Curtis „Shadow Catcher“ genannt.

Der Besuch der Ausstellung lohnt sich wegen:
– des ausgestellten Werks und den quartalsweise wechselnden Originalen
– der Lebensgeschichte von Edward Curtis
– dem Einblick in die Technik der damaligen Zeit, Stichwort: Fotogravur
– der Diskussion von „The North American Indian“, Stichwort: Stereotyp

Links:
Ausstellung
Edward Curtis

Genesis

frank naumann

Vor wenigen Jahren hat mich der Film „Salz der Erde“ auf das Projekt Genesis des brasilianischen Photographen Sebastião Salgado aufmerksam gemacht. Jetzt sind die Bilder in Zürich zu sehen, die damals in vielen Ländern der Welt entstanden sind: Alle werden in schwarz weiss präsentiert, der Grossteil stellt Flora und Fauna dar, dazwischen einige Aufnahmen von Naturvölkern, die wie aus einer anderen Zeit stammen.

Die Ausstellung und das Projekt selber sind eindrücklich. Nicht nur vom Photographischen her. Für mich ein gutes Beispiel, wie einer mit seinen Möglichkeiten einen Beitrag zum Erhalt der Schöpfung leistet: neben den Bildern z.B. auch durch ein eigenes Aufforstungsprogramm in seinem Heimatland. Die Auseinandersetzung mit dem Gesehen bereichert die kritische Würdigung in der NZZ…

Links:

Martine Franck

fn26

Einer der bekannten Photographinnen des 20. Jahrhunderts ist gerade eine Ausstellung in Lausanne gewidmet: Martine Franck (1938 – 2012) entdeckte die Freude an der Kamera auf einer Reise anfangs der sechziger Jahre. Seither ist sie bis über Jahrzehnte mit dem Photoapparat unterwegs. Auf den ersten Blick wirken viele ihrer Aufnahmen wie Reise- oder Strassenphotographie. Bei genauerem Hinsehen lassen sich viele Details entdecken, die herausstreichen, wie sie sich mit den «Sachen» auseinandersetzte, die sie photographisch festhielt. In einem Zitat von ihr heisst es:
«Um Fotografin zu sein, braucht man ein gutes Auge, Kompositionsgespür und die Bereitschaft, sich für eine Sache einzusetzen.»

Ihr Werk zeigt Parallelen zu dem ihres Mannes, Henry Cartier-Bresson. Manche der Bilder lassen erkennen, dass sie auch gemeinsam photographisch unterwegs waren. Nach seinem Tod gründete sie die Fondation Henry Cartier-Bresson. Die Ausstellung ist bis 5.5.19 zu sehen.

Links: Ausstellung, Fondation Henry Cartier-Bresson

Wie als ein Kontrastprogramm sind parallel dazu Arbeiten des Photokünsterlers Vasantha Yogananthan zu sehen (1985*). Immer wieder reist der Franzose nach Indien um dort einem alten Mythos Ramayana nachzugehen und diesen photographisch neu zu erzählen. Vier der dazu geplanten sieben Bücher sind bereits erschienen: A Myth of Two Souls.

Links: Ausstellung, Homepage des Künstlers

Schweizer Winter

fn26

Gibt es Zufälle? Ein Tagesausflug führt ins winterlich verschneite Engadin.
Auf dem Tresen des Restaurants liegt der Hinweis zu einer Photoaustellung:
„Winter in Swiss photography“.

Im Forum Paracelsus am Rand von St. Moritz Bad lassen sich kurzentschlossen bis 21.2.19 Werke von Schweizer LichkünstlerInnen entdecken: Darunter sind mir bekannte Werke und Namen wie z.B. vom Polizeiphotographen Arnold Odermatt. Oder noch nicht Entdecktes wie die Bilder von Sabine Weiss. Auch jüngere Künstler wie Sandro Diener sind mit dabei.

Viele der Werke sind in schwarz-weiss. Sie betonen für mich die Kraft der winterlichen Landschaft. Die Reduktion schärft ihre Formen und Strukturen. Das gibt dem Dargestellten ein grosse Ausstrahlung. Eindrückliche Bildgestaltung ist kein Zufall.

Link zur Verkaufsausstellung der Bildhalle.

Rote Utopie

fn26

Jan Bannings Arbeiten sind nur noch bis zum 13. Januar 19 in Mannheim zu sehen. Thematisch sind es drei Ausstellungen in einer:
Zum einen bekam er Einblicke in die Rechtsprechung und den Strafvollzug verschiedener Länder, die einem zu denken geben. Zweitens zeigt der Holländer mit einem Augenzwinkern Stammesfürsten in Ghana und erinnert damit an frühere Darstellungen aus der Kolonialzeit. Zentral und namensgebend ist drittens sein aktueller Blick auf kommunistische Gruppen in verschiedensten Ländern der Welt.
Nicht nur, wenn man über die Festtage wieder  ‚mal Don Camillo und Peppeno schwarz-weiss im Fernsehen sah, macht man hier einen Sprung über Jahrzehnte in die farbige realpolitische Gegenwart:
Bannings dokumentarische Arbeiten sind sehenswert.

Link Ausstellung

Homepage Künster

Mit Maos Unterschrift

Es heisst, dass Walter Bosshard der erste aus dem Westen war, der in einem abgelegenen Camp den damals noch weitgehend unbekannten Mao Zedong besuchen, photograhieren und filmen konnte. Mehr als einen der dort erstellten Photoabzüge liess er sich von Mao signieren.

Für viele im Westen unbekannt, begannen schon lange vor dem Ausbruch des zweiten Weltkriegs in Europa militärische Konflikte in Fernost. Bosshard lebte in dieser Zeit in China und berichtete aus erster Hand mit Wort und Bild von den kriegerischen Spannungen zwischen China und Japan. Dies und mehr ist aktuell in der Fotostiftung Schweiz zu entdecken: die sehenswerte Ausstellung heisst: «Walter Bosshard / Robert Capa – Wettlauf um China» (bis 10.2.19)

Gleichzeitig feiert das Fotomuseum sein 25-jähriges Jubiläum.