Auf nach Winterthur

Das Fotomuseum und die Fotostiftung bieten gleich zwei gute Gründe für eine Visite in «Winti». Zum einen kann man in die Schweizer Fotografie des 19. Jahrhunderts eintauchen. Eindrücklich, wie sich das neue Medium innert weniger Jahrzehnte entwickelte. Zum Staunen sind die Abbildungsleistungen und die Experimentierfreude in jener Epoche. Neben den technischen Entwicklungen kann man mit dem Abgebildeten in die Welt vor ca. 150 Jahren eintauchen. Auch das gibt manch guten Grund zum Staunen.

Einen ganz anderen Fokus hat die Ausstellung Claudia Andujar mit dem Titel: Der Überlebenskampf der Yanomami. Sie führt in den Norden Brasiliens und zeigt die Begegnung und die Freundschaft der Fotografin Andujar (geb. 1931) mit dem indigenen Volk der Yanomami und deren Bedrohung durch Landrodung, Bergbau Krankheit und anderes mehr…

 

Nach der Natur: Schweizer Fotografie im 19. Jahrhundert, bis 30.01.22

Claudia Andujar: Der Überlebenskampf der Yanomami, bis 13.02.22

Endlich wieder ins Museum

Wenn du in der nächsten Zeit zwischen Vevey und Martigny unterwegs bist, gibt es gleich drei sehenswerte Ausstellungen:

Vevey, unweit vom Bahnhof: Gleich gegenüber der Feuerwehr sind im Museum Jenisch zwei Alte Meister zu entdecken. Ein Westschweizer Chirurg namens Decker sammelte Drucke von Albrecht Dürer und Rembrandt van Rijn. Es ist sehr eindrücklich, sich in deren Werke mit ihrer Detailfülle vertiefen zu können.
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Vevey, am Marktplatz: In der Sammlung des Cameramuseums kann man auch beim x-ten Besuch immer wieder etwas Neues finden. Und die Sonderausstellung gibt einen Einblick in die Welt der Infrarotaufnahmen. Sogar die Masken bleiben deutlich sichtbar, ganz Corona konform…
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Martigny: die Fondation Gianadda ehrt den Photographen Michel Darbellay (1934-2014), der das Wallis, die Landschaften und Menschen seiner Heimat, mit gekonntem Blick festgehalten hat. Da er auch Bergführer war oder sich auf einem Stuhl unter einem Helikopter festschnallen liess, gelangen ihm sehenswerte Aufnahmen.
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Schwarzenbach und Klee unterwegs

Aktuelle Ausstellung in Bern

Unterwegs sein beeinflusst unser Sehen. Viele unsere Bilder entstehen auf Reisen. Seien sie gemalt wie bei Paul Klee oder durch die Linse auf Film gebannt wie bei Annemarie Schwarzenbach. Die Doppelausstellung ist einen Besuch wert. Sie zeigt Entwicklungslinien auf und gewährt bei den Photographien einen Blick in die dreissiger Jahre des 20. Jahrhunderts, als Annemarie Schwarzenbach mit dem Auto von der Schweiz aus Reisen bis nach Vorder- und Zentralasien realisierte!

Link: Ausstellung

Explosion des Sehens

Im Musée de l’Elysée ist aktuell die Ausstellung „Explosion des Sehens“ zu entdecken: Zu sehen gibt es Arbeiten von René Burri, dem wichtigen Schweizer Photographen des 20. Jahrhunderts (1933 – 2014). Im ausgestellten Querschnitt kann man alle Phasen seines kreativen Schaffens erkunden. Neben den eigentlichen Photographien gibt es auch Videosequenzen, Einladungen, Presseausweise, Weinkisten, die als Archiv dienten, und manches mehr…
Hilfreich bei dieser Fülle ist die Gliederung der Ausstellung in 11 Kapitel. Bspw. wird das Thema Bildaufbau im Bereich „Strukturen“ dargestellt, vgl. Photo unten.
Diese und andere Präsentationen orientieren sich an einem andern, mir bisher unbekannten Kapitel aus Burris Leben: „Collagen“. Scheinbar gestaltete der Künstler immer wieder gerne Collagen, die es übrigens auch zu sehen gibt. Das ist eine gelungene Gestaltungsidee, doch gleichzeitig der einzige kleine Kritikpunkt an dieser sehenswerten Werkschau: Denn zahlreiche Exponate sind recht klein und eng präsentiert.

Als Extra gibt es für die Ausstellung ein gut gemachtes Booklet in drei Sprachen, auch auf deutsch: „Explosion des Sehens“.

Noch bis 1. Juni 20 im Musée de l’Elysé, Lausanne, Eintritt gratis, Link

Hinweis: es ist eine der letzten Ausstellungen im Musée de l’Elysé, bevor es für ca. 1 Jahr schliesst und dann direkt beim Bahnhof wieder öffnet. Auch die aktuelle Baustelle und das bereits eröffnete MCBA sind einen Besuch wert, siehe Link

Photographisches Berlin

Auf Schritt und Tritt begegnen mir in Berlin Photos: Sie sind Teil der Erinnerungskultur, die die Stadt zu einem bleibenden Mahnmal macht. Erstaunlich, wie viele Touristen, gerade auch junge, die den Kalten Krieg nur noch aus der Geschichte kennen, sich der ehemaligen Mauer entlang auf Entdeckungsreise machen.

Neben all den geschichtlichen Zeugnissen auf Plätze und u-Bahnstationen gibt es über den Jahreswechsel zahlreiche Ausstellungen zu entdecken:
Bspw. die Autodidaktin Helga Paris (1938*) ist in der Akademie der Künste zu sehen. Auch in Ihrem Werk schwingt Zeitgeschichte mit, viele ihrer Aufnahmen sind jenseits der Mauer im Osten entstanden.

In der Berlinischen Galerie sehe ich zum ersten Mal die ausdruckstarken Arbeiten von Fritz Eschen (1900-1964). Aufgrund seiner jüdischen Herkunft wurde sein Arbeitsspielraum ab 1934 stark eingeschränkt.

Im Museum für Fotografie schliesslich gibt es immer viel zu entdecken: Dieses Mal sind es neben mir unbekannten Werken von Helmut Newton (Ballet de Monte Carlo) die Arbeiten von Ludwig Windstosser und Barbara Probst, die mich besonders ansprechen. Der Schwerpunkt der Ausstellung des Nachkriegsphotographen Windstosser (1921-1983) liegt auf der westdeutschen Wirtschaftswunderzeit. Homo Faber würde sich in ihnen wiederfinden.
Barbara Probst (1964*) Arbeiten sind Teil der Ausstellung Body Performance. In ihnen wird das Photographieren selber zum Objekt, in dem man gleichzeitig „das Bild“ aus verschiedenen Perspektiven sehen kann.

Nicht zu vergessen: die eindrücklichen Werke, die zu verschiedenen Kategorien im Willy-Brandt-Haus im Rahmen der Sony World Photography Awards 2019 zu sehen sind.

Links:

Happy New Year

Helga Paris

Fritz Eschen

Ludwig Windstosser

Barbara Probst,  Homepage der Künstlerin

Sony World Photography Awards 2019

Mehr als Schatten einfangen: E. Curtis

Unglaublich, was für ein Aufwand das war, vor weit über 100 Jahren eine Photographie zu machen, zu entwickeln und Abzüge zu erstellen! Unglaublich auch, welche Abbildungsqualität schon damals möglich war.
Deutlich wird das derzeit im Nonam in Zürich: Nordamerika Native Museum (bis 1.3.2020). Irgendwie kommen einem die Bilder bekannt vor, auch wenn man sie so noch nie gesehen hat: Der Photograph Edward Curtis (1868 – 1952) hatte eine Vision, die ihn viele Jahre verfolge, den „North American Indian“ in Bild und Text festzuhalten. Von den Indianern wurde Curtis „Shadow Catcher“ genannt.

Der Besuch der Ausstellung lohnt sich wegen:
– des ausgestellten Werks und den quartalsweise wechselnden Originalen
– der Lebensgeschichte von Edward Curtis
– dem Einblick in die Technik der damaligen Zeit, Stichwort: Fotogravur
– der Diskussion von „The North American Indian“, Stichwort: Stereotyp

Links:
Ausstellung
Edward Curtis

Genesis

frank naumann

Vor wenigen Jahren hat mich der Film „Salz der Erde“ auf das Projekt Genesis des brasilianischen Photographen Sebastião Salgado aufmerksam gemacht. Jetzt sind die Bilder in Zürich zu sehen, die damals in vielen Ländern der Welt entstanden sind: Alle werden in schwarz weiss präsentiert, der Grossteil stellt Flora und Fauna dar, dazwischen einige Aufnahmen von Naturvölkern, die wie aus einer anderen Zeit stammen.

Die Ausstellung und das Projekt selber sind eindrücklich. Nicht nur vom Photographischen her. Für mich ein gutes Beispiel, wie einer mit seinen Möglichkeiten einen Beitrag zum Erhalt der Schöpfung leistet: neben den Bildern z.B. auch durch ein eigenes Aufforstungsprogramm in seinem Heimatland. Die Auseinandersetzung mit dem Gesehen bereichert die kritische Würdigung in der NZZ…

Links:

Martine Franck

fn26

Einer der bekannten Photographinnen des 20. Jahrhunderts ist gerade eine Ausstellung in Lausanne gewidmet: Martine Franck (1938 – 2012) entdeckte die Freude an der Kamera auf einer Reise anfangs der sechziger Jahre. Seither ist sie bis über Jahrzehnte mit dem Photoapparat unterwegs. Auf den ersten Blick wirken viele ihrer Aufnahmen wie Reise- oder Strassenphotographie. Bei genauerem Hinsehen lassen sich viele Details entdecken, die herausstreichen, wie sie sich mit den «Sachen» auseinandersetzte, die sie photographisch festhielt. In einem Zitat von ihr heisst es:
«Um Fotografin zu sein, braucht man ein gutes Auge, Kompositionsgespür und die Bereitschaft, sich für eine Sache einzusetzen.»

Ihr Werk zeigt Parallelen zu dem ihres Mannes, Henry Cartier-Bresson. Manche der Bilder lassen erkennen, dass sie auch gemeinsam photographisch unterwegs waren. Nach seinem Tod gründete sie die Fondation Henry Cartier-Bresson. Die Ausstellung ist bis 5.5.19 zu sehen.

Links: Ausstellung, Fondation Henry Cartier-Bresson

Wie als ein Kontrastprogramm sind parallel dazu Arbeiten des Photokünsterlers Vasantha Yogananthan zu sehen (1985*). Immer wieder reist der Franzose nach Indien um dort einem alten Mythos Ramayana nachzugehen und diesen photographisch neu zu erzählen. Vier der dazu geplanten sieben Bücher sind bereits erschienen: A Myth of Two Souls.

Links: Ausstellung, Homepage des Künstlers

Schweizer Winter

fn26

Gibt es Zufälle? Ein Tagesausflug führt ins winterlich verschneite Engadin.
Auf dem Tresen des Restaurants liegt der Hinweis zu einer Photoaustellung:
„Winter in Swiss photography“.

Im Forum Paracelsus am Rand von St. Moritz Bad lassen sich kurzentschlossen bis 21.2.19 Werke von Schweizer LichkünstlerInnen entdecken: Darunter sind mir bekannte Werke und Namen wie z.B. vom Polizeiphotographen Arnold Odermatt. Oder noch nicht Entdecktes wie die Bilder von Sabine Weiss. Auch jüngere Künstler wie Sandro Diener sind mit dabei.

Viele der Werke sind in schwarz-weiss. Sie betonen für mich die Kraft der winterlichen Landschaft. Die Reduktion schärft ihre Formen und Strukturen. Das gibt dem Dargestellten ein grosse Ausstrahlung. Eindrückliche Bildgestaltung ist kein Zufall.

Link zur Verkaufsausstellung der Bildhalle.

Mit Maos Unterschrift

Es heisst, dass Walter Bosshard der erste aus dem Westen war, der in einem abgelegenen Camp den damals noch weitgehend unbekannten Mao Zedong besuchen, photograhieren und filmen konnte. Mehr als einen der dort erstellten Photoabzüge liess er sich von Mao signieren.

Für viele im Westen unbekannt, begannen schon lange vor dem Ausbruch des zweiten Weltkriegs in Europa militärische Konflikte in Fernost. Bosshard lebte in dieser Zeit in China und berichtete aus erster Hand mit Wort und Bild von den kriegerischen Spannungen zwischen China und Japan. Dies und mehr ist aktuell in der Fotostiftung Schweiz zu entdecken: die sehenswerte Ausstellung heisst: «Walter Bosshard / Robert Capa – Wettlauf um China» (bis 10.2.19)

Gleichzeitig feiert das Fotomuseum sein 25-jähriges Jubiläum.